Die Rechnung zahlen immer die Armen
Nach über 14 Monaten weltweiter Pandemie zeigen sich die großen Schwächen unseres politischen und gesellschaftlich prägenden Systems.
Die Wundränder klaffen weiter auseinander, wenn die Wunden nicht geschlossen werden. Dies zeigt sich in allen Bereichen des täglichen Lebens und des sozialen Miteinanders.
Beispiel Schule: Die Schulen haben nahezu nicht mehr auf, der Unterricht hat sich von Präsenz in Distanz verlagert. Es gibt keine Planbarkeit mehr, wann Unterricht in welcher Form stattfindet. Diese Un-Planbarkeit wirkt sich natürlich auch auf die Abschlussschüler*innen aus. Normalerweise verlassen pro Jahr rund 104.000 junge Menschen ohne Abschluss die Schulen. In Corona-Zeiten rechnet man mindestens mit einer Verdopplung dieser schmerzenden Zahl. Es werden 210.000 Schul-Abbrecher*innen in 2020 und genauso viele noch einmal in diesem Jahr erwartet.
Kinder aus sozial benachteiligten Familien werden nicht mehr erreicht, wenn die Schulen keinen direkten Lehrbetrieb anbieten können und verschlossene Schulmauern und -tore Sinnbild für verschlossene Zutrittswege zu Ausbildung und Beruf werden. Kinder, die von zu Hause aus nicht am Unterricht teilnehmen können, weil die Eltern zu arm sind um einen Computer und einen Drucker zu kaufen, sind die großen Verlierer*innen dieser Krise. DIE LINKE fordert darum eine Kindergrundsicherung und ein Teilhabegeld statt einer Berücksichtigung der Kinder im Hartz-IV-System. Damit Kindern auch in ärmeren Familien die Teilhabe am Homeschooling gegeben wird.
Beispiel Wohnraum: Menschen aus prekären Verhältnissen teilen sich häufig wenige Quadratmeter. Es fehlt an Rückzugsraum, es fehlt ein Garten für die Kinder. Oft ist noch nicht einmal die Möglichkeit eines Balkons vorhanden. DIE LINKE fordert mehr bezahlbaren Wohnraum, der den heutigen Ansprüchen entspricht, insbesondere in Zeiten häuslicher Isolationen durch Corona. Durch Kita- und Schulschließungen ist das Vertrauen in die Verlässlichkeit der öffentlichen Mitverantwortung für Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder brüchig geworden. Wenn es dann zusätzlich an adäquatem Wohnraum fehlt, werden Familien und Kinder völlig alleine gelassen.
Beispiel Arbeit: Prekär Beschäftige können seltener im Homeoffice arbeiten. Als Gründe nennen Sozialverbände Unterschiede sowohl bei den Arbeits- als auch bei den oben genannten Wohn-Verhältnissen. Ein separater Büroarbeitsplatz ist oft schlicht unmöglich. Hinzu kommt, dass Menschen mit vergleichsweise geringem Einkommen häufiger in Produktions- und Dienstleistungsberufen arbeiten und darum seltener Homeoffice umsetzen können. Firmen müssen nicht nur aus diesem Grund vom Gesetz her verpflichtet werden, Schnelltests anzubieten und umfangreiche Hygienepläne aufzustellen, um ihre Beschäftigten zu schützen.
Menschen, die heute in Kurzarbeit sind, sind morgen vielleicht schon arbeitslos. Die Lage wird sich in den kommenden Monaten zuspitzen. Die Pleitewelle Inhaber*innen geführter Geschäfte ist noch lange nicht absehbar, da die Insolvenzantragspflicht vorerst bis zum 30.04.2021 ausgesetzt ist. Die anhaltende Perspektivlosigkeit, in denen sich Menschen in Kurzarbeit befinden, macht es diesen Menschen doppelt schwer, ein sicheres Leben ohne Existenzängste und permanenter Sorge zu führen.
Damit reißt die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Während mitten in der Corona-Pandemie bspw. der Autobauer Daimler seine Dividende auszahlt, ungeachtet immenser Kurzarbeitsgelder, durch die der Konzern vergangenes Jahr eine dreistellige Millionensumme eingespart hat, werden die Kosten der Unterkunft in der Grundsicherung oftmals nicht in voller Höhe übernommen. Der durchschnittliche Eigenanteil bei den nicht in voller Höhe übernommenen Unterkunftskosten betrug in Wuppertal im Jahr 2018 pro Haushalt 38,10 EUR im Monat.
Nach über 14 Monaten weltweiter Pandemie reißen die Wundränder immer weiter auseinander. Das Covid-19-Virus gefährdet sämtliche gesellschaftliche Schichten, die schon vorher minder privilegiert an den Rändern der sozialen Teilhabe um ihr Überleben kämpften. Angefangen bei den Kindern, vor denen sich die Bildungspforten krachend schließen, über ältere Bürger*innen, Arme, Obdachlose und Angehörige diskriminierter Gruppen.
Es sind oft unscheinbare Kleinigkeiten, die Menschen am Rand der Gesellschaft die Chance auf eine Impfung wieder nehmen – und sie damit weiterhin dem Risiko einer schweren, potenziell tödlichen Erkrankung aussetzen. Manchmal sind es fehlende Sozialversicherungs-Nummern und Meldeadressen. Ein anderes Mal Sprachbarrieren oder Impf-Einladungen, die sich nur mit Computer oder Smartphone organisieren lassen, bei gleichzeitigem nicht Vorhandensein dieser Endgeräte.
Corona verschärft unsere vorhandene soziale Spaltung der Gesellschaft und benachteiligt verstärkt all jene Gruppen unserer Gesellschaft, die schon vor der Krise wenig besaßen. Wenn erwartbare Konsequenzen dieser Pandemie (Schulabbrecher*innen, prekäre Familien, Menschen in Kurzarbeit, verarmte Senior*innen u.v.m.) immer nur rückblickend betrachtet und unzureichend behandelt werden, wird es gesamtgesellschaftlich betrachtet nur Verlierer*innen geben werden.
DIE LINKE setzt sich ein, damit am Ende nicht immer nur die Armen bezahlen!